Erstellt von Quantentechnologien

Silke Stähler-Schöpf und Berit Körbitzer über Quantenphysik für alle

Bild: Pixel-Shot - stock.adobe.com / Bearbeitung VDI Technologiezentrum GmbH

Berit Körbitzer und Silke Stähler-Schöpf arbeiten zusammen am BMBF-geförderten Projekt QUANTA, welches Vermittlungsansätze und -methoden entwickelt, um der Allgemeinheit die Funktionsweisen von Quantentechnologien näherzubringen. Wir haben mit ihnen über ihr Vorhaben gesprochen.

Quantenphysik und darauf basierende Technologien sind für die meisten Menschen abstrakt und weit weg von ihrem Alltag. Wieso ist es überhaupt wichtig, dass die Menschen Zugang zu diesem Thema bekommen?

Dr. Silke Stähler-Schöpf: Quantentechnologien umgeben uns bereits im Alltag und wir nutzen sie oft ohne tiefergehendes Verständnis. Jetzt stehen wir allerdings vor einer zweiten Quantenrevolution, in der zum Beispiel der Quantencomputer immer wichtiger wird. In die Erforschung solcher Technologien fließen viel Zeit und Geld. Daher denke ich, man muss es den Menschen ermöglichen, diese Technologien, ihre Vorteile und Potenziale, aber auch die damit verbundenen Herausforderungen und Risiken zu verstehen. Und natürlich gibt es auch viele Menschen, die einfach wissen wollen, wie die Technik funktioniert und ob man sie später für den eigenen Alltag nutzen kann.

Dr. Berit Körbitzer: Vor allem Schülerinnen und Schüler werden mit dem Thema in Zukunft immer stärker konfrontiert werden. Daher möchten wir Faszination wecken und nicht zuletzt auch Nachwuchskräfte gewinnen, denn irgendwer muss den Quantencomputer später schließlich auch programmieren.

Welche Ansätze und Ideen gibt es, der breiten Öffentlichkeit Quantentechnologien zugänglich und verständlich zu machen?

Stähler-Schöpf: Als Einstieg in die Quantenphysik wird im Labor und in Museen oft das Doppelspaltexperiment genutzt. Dieses macht erfahrbar, dass kleine Materieteilchen eben nicht nur die Eigenschaften von Teilchen besitzen, sondern auch die von Wellen. Es eignen sich aber auch andere Experimente, Simulationen oder Formate wie interaktive Bücher. Gamification ist ein weiteres wichtiges Stichwort, denn auch Spiele können die Quantenmechanik spielerisch und explorativ veranschaulichen. Auch Veranstaltungen wie Science Slams, Vorträge von Forschenden oder Orte wie Messen und Museen bieten einen möglichen Zugang zu Quantentechnologien. Hier trifft man ein wissenschaftsaffines Publikum, das man bei solchen Anlässen beziehungsweise Orten gut abholen kann. Ebenso wichtig ist aber auch, dass das Thema Eingang im Lehrplan findet.

Welchen konkreten Ansatz verfolgt das Projekt QUANTA? Welche Kanäle, Formate und Inhalte nutzen Sie?

Stähler-Schöpf: Der Titel unseres Projektes QUANTA leitet sich von „Quantisch für AnfängerInnen“ ab. Wir wollen also einem Laienpublikum einen Einstieg in die Quantenphysik ermöglichen. Damit das gelingt, erstellen wir Exponate, die Prinzipien und Funktionsweisen von Quantentechnologien sichtbar und erfahrbar machen. Berit hat vorab Interviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geführt, um eine Idee dafür zu bekommen, welche Begriffe und Zusammenhänge man zum Einstieg erklären sollte. Daraus sind viele Ideen entstanden.

Das Deutsche Museum hat die Gesamtkoordination für unser Projekt und ist der Ort, an dem wir die anvisierten Zielgruppen als Besucherinnen und Besucher erreichen und die Formate als Pilot entwickeln, umsetzen und evaluieren. Im PhotonLab – das ist das Schülerlabor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bei München – entwickeln wir die Prototypen unserer Hands-On-Modelle weiter, indem wir sie von Schülerinnen und Schülern testen lassen und anhand ihrer Reaktionen erkennen, was noch optimiert werden muss. Zu diesen Modellen und Exponaten gehören zum Beispiel die Quantenwürfel, mit deren Hilfe sich die Verschränkung erklären lässt. Oder eine Projektion von dreidimensionalen Körpern, mit der man die Superposition veranschaulichen kann. Außerdem arbeiten wir mit interaktiven Büchern, die die Phänomene der Technologien erklären.

Weiterer Teil des Projekts sind außerdem Zukunftsdialoge, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) organisiert. Hier werden Gruppen gezielt aus verschiedensten Bevölkerungsgruppen zusammengestellt und zunächst auf einzelne Teilbereiche der Quantentechnologien vorbereitet. Danach diskutieren die Gruppenmitglieder miteinander über die Chancen und Risiken des jeweiligen Bereichs.

Was sind die größten Herausforderungen dabei?

Stähler-Schöpf: Es ist schwierig, etwas so Komplexes und scheinbar Widersprüchliches wie die Quantenphysik zu veranschaulichen, ohne falsche Vorstellungen zu wecken. Man versucht ständig, einen klassischen Vergleich zu finden, und verliert beim Versuch der Vereinfachung immer auch an physikalischer Korrektheit. Wir müssen daher unsere Exponate stetig weiterentwickeln und optimieren, um möglichst nah an der Wirklichkeit zu bleiben.

Körbitzer: Außerdem sollte man sich immer einen Aspekt herauspicken, den man veranschaulichen möchte. Man kann nicht erwarten, jeden Quanteneffekt mit ein und demselben Demonstrationsobjekt veranschaulichen zu können, sondern muss jedes Mal neu drüber nachdenken. Die Quantenphysik ist sehr abstrakt und bei weitem nicht selbsterklärend. Oft muss man Vorwissen erarbeiten, bevor man zum eigentlichen Punkt kommen kann. Im Schülerlabor gibt es dafür interaktive Bücher, aber auch Betreuerinnen und Betreuer, die die Versuche erklären. Im Museum ist eine Einzelbetreuung leider nicht so gut möglich. Daher bereiten wir aktuell die „Giquantische Wissensshow“ vor, die das Ganze unterhaltsam aufbereiten soll.

Was sind die nächsten Schritte im Projekt?

Körbitzer: Erst einmal steht am 26. November der nächste Zukunftsdialog in Nürnberg vor der Tür. Außerdem werden wir natürlich weiterhin unsere Exponate verbessern, zum Beispiel die Quantenwürfel robuster bauen. Zudem soll noch ein weiteres Demonstrationsobjekt hinzukommen: Die Blackbox. Sie soll ein Quantensystem darstellen und Messprozesse eines solchen Systems erklären.

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Dr. Silke Stähler-Schöpf (links) studierte Physik an der TU München. Nach einer Familienzeit hat sie viele Jahre freiberuflich Schulklassen durch das deutsche Museum in München geführt. Seit 2010 ist sie Leiterin des Schülerlabors PhotonLab am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching-Forschungszentrum. Dort wird sie jedes Jahr von mehr als 100 wissbegierigen Schulklassen besucht, die im Schülerlabor selber experimentieren wollen.
Dr. Berit Körbitzer (rechts) hat in Frankfurt am Main Physik studiert und in Darmstadt promoviert. Seit Anfang 2021 entwickelt sie im Photonlab für QUANTA Demonstrationsobjekte und anschauliche Experimente zur Quantenphysik. Gleichzeitig arbeitet sie in der Experimentier-Werkstatt des Deutschen Museums.

Prof. Gerhard Rempe, Leiter der Abteilung Quantendynamik am MPQ, stellt Kanzerin Angela Merkel und dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder die Quantenwürfel vor. © Bundespresseamt

Die Quantenwürfel gehören zu den Exponaten, die im Verbundprojekt QUANTA entwickelt werden © Thorsten Naeser