Herr Dr. Füchsel, wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens Quantum Optics Jena?
Die Idee, dass es aus dem Fraunhofer IOF ein Startup im Bereich der Quantentechnologien geben könnte, hatten wir schon Ende 2018. Mehrere Kollegen hatten damals den Gedanken, dass wir im Institut so tolle Sachen haben, mit denen wir uns am Markt versuchen sollten. Wir haben dann Ideen und mögliche Geschäftsmodelle konkretisiert und dafür in Gesprächen von der Fachcommunity und auch von möglichen Investoren sehr gutes Feedback bekommen.
Wann und wie wurde es dann konkreter?
Im Sommer letzten Jahres hatten wir dann sozusagen die kritische Masse erreicht – einerseits hatten wir ein ausreichend großes Team beisammen, andererseits drei ernsthaft interessierte Investoren, mit denen wir in die Bewertung gegangen sind. Dann ging es sehr schnell. Ende Oktober wurde das Unternehmen offiziell gegründet und im Januar sind die Investoren eingestiegen.
Was ist die Unternehmensidee, worum geht es?
Unsere übergeordnete Mission ist, die Effekte der Quantenphysik in wirkliche Mehrwerte für unsere Kundinnen und Kunden, Partnerinnen und Partner und letztlich die gesamte Gesellschaft zu transferieren. Und zwar in Form konkreter Lösungen und Technologien. Dieses Ziel steht für uns auf drei Säulen: Erstens wollen wir mehr Sicherheit und Vertrauen in der Kommunikation ermöglichen, zweitens wollen wir neue Möglichkeiten in der Bildgebung schaffen – beispielsweise für die Biomedizin – und drittens wollen wir die Entwicklung von Quantencomputern und Quantennetzwerken vorantreiben.
Eine zentrale Schlüsseltechnologie für alle drei Säulen ist die Photonik. Insbesondere verschränkte Photonenquellen werden eine große Rolle spielen. Und hier können wir mit unserem Know-how und unseren Fertigungstechnologien einen wichtigen Beitrag leisten.
Sie fokussieren sich zunächst einmal auf das Thema Quantenkommunikation. Wieso?
Wir haben uns den Markt angesehen und festgestellt, dass das Thema Quantenkommunikation gerade brandaktuell und am ehesten bereit für konkrete Produkte ist. Der Bedarf, vertraulich und sicher zu kommunizieren, ist einfach sehr groß und natürlich auch gesellschaftlich gesehen extrem relevant. Unsere ersten Produkte sind daher verschränkte Photonenquellen beispielsweise für den Quantenschlüsselaustausch oder auch für die akademische Forschung.
Und was kommt als nächstes?
Wir bauen gerade die Kompetenz für eine komplette Quantenschlüsselverteilung auf – angefangen von der Photonenquelle über Analysatoren für die Quantenzustände bis zur Protokollimplementierung für die Schlüsselgeneration. Außerdem sind wir dabei, unsere Photonenquellen weltraumtauglich zu machen. Später werden wir dann den Fokus erweitern und uns neben dem Schwerpunkt Quantenkommunikation auch den beiden anderen Säulen widmen.
Abgesehen von den Produkten – was sind die nächsten Schritte für das Unternehmen selbst?
Aktuell sind wir natürlich sehr im operativen Geschäft eingebunden und damit beschäftigt, Labore auf- und auszubauen, Maschinen anzuschaffen und so weiter. Wir sind aktuell fünf Mitarbeitende, wollen aber weiter wachsen. Wir freuen uns daher über jede Interessentin und jeden Interessenten mit Erfahrungen im Bereich Quantentechnologien. Parallel bauen wir unser Netzwerk weiter aus, setzen Vertriebs- und Managementstrukturen auf und gehen an die langfristige Planung.
Welche Forschungsprojekte und -ergebnisse dienen als Grundlage für das Unternehmen und seine Produkte?
Bei QOJ können wir auf mindestens zehn Jahren hervorragende Forschung im Bereich Quantentechnologien aufbauen. Dabei spielen natürlich das Fraunhofer IOF, aber auch die Universität Jena und weitere Akteure vor Ort eine entscheidende Rolle. Besonders relevant ist da zum Beispiel das Projekt QSource. Darin wurden Photonenquellen entwickelt, die wir jetzt ganz direkt nutzen können. Ein weiteres Beispiel ist das Quantum Photonics Lab (QPL), von dessen Infrastruktur wir sehr profitieren, und das es uns ermöglicht, weiterhin eng mit dem Fraunhofer IOF zusammenzuarbeiten. Beide Projekte werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Dazu kommt, dass auch die Fraunhofer-Gesellschaft schon früh das Potenzial von Quantentechnologien erkannt und sich hier gut aufgestellt hat. Insgesamt kann man sagen, dass unser Startup ein direkter Verwertungszweig von Ergebnissen aus Forschung und Entwicklung (F&E) ist.
Inwieweit ist die öffentliche Förderung von Forschungsprojekten wichtig für die Gründung von Unternehmen und die Entwicklung konkreter Produkte?
Man kann ganz klar sagen, dass ohne das Vertrauen beispielsweise des BMBF in die Akteure hier am Standort Jena so etwas wie QOJ nicht möglich wäre. Forschung – vor allem Grundlagenforschung – ist ja immer verbunden mit Risiken. Daher ist es wichtig, in F&E-Projekten Ideen und Lösungsansätze ergebnisoffen und ohne Finanzierungsdruck ausprobieren und evaluieren zu können. Dafür braucht es das Vertrauen der Gesellschaft und öffentliche F&E-Förderung.
Was hat Sie ganz persönlich zur Gründung bewegt und was motiviert Sie für die nächsten Schritte?
Ich kann für mich persönlich sagen, dass es ganz stark die intrinsische Motivation ist, etwas selbst zu machen, selbst in die Hand zu nehmen. Ich denke, wir alle im Team haben den Drang, eine Idee mal wirklich bis zum Ende, bis zu einer konkreten Lösung und einem Produkt voranzutreiben. Das ist im akademischen Umfeld selten möglich. Außerdem macht es einfach sehr viel Spaß, etwas aufzubauen, mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen. Mich motiviert das sehr und ist Antrieb dafür, auch mal die nötige Extraschicht zu machen. Das ist aber sicher auch eine Frage der eigenen Vorlieben und Persönlichkeit. Man muss große Lust dazu haben, mit seiner Idee raus zu gehen und Menschen davon zu überzeugen.
Was könnte es aus Ihrer Sicht Forschenden noch einfacher machen, den Schritt in die Gründung zu wagen?
Ich denke, diese intrinsische Motivation etwas aufzubauen und die passende Mentalität dazu braucht es auf jeden Fall, das lässt sich nicht von außen herstellen. Wenn man das mitbringt, gibt es eigentlich bereits ein gutes Umfeld und passende Förderangebote. Mir fallen da zum Beispiel die Fördermaßnahme Enabling Start-up des BMBF oder das Programm EXIST ein. So etwas hilft einfach dabei, sich ein wenig abzusichern und das Risiko zu minimieren. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass man mit solchen Programmen nicht immer unbedingt schneller wird. Ich denke, die Gründungslandschaft in Deutschland kann und muss noch dynamischer werden. Grundsätzlich gibt es sie aber und das Umfeld ist gut. Wir brauchen einfach mehr Macherinnen und Macher, die sich trauen, etwas anzupacken, und keine Angst vorm Scheitern haben.
Unsere Interviewreihe erzählt themenübergreifend Gründungsgeschichten aus Quantentechnologien und der Photonik. Eine weitere Ausgabe mit Martin Hermatschweiler zur Gründung von Nanoscribe finden Sie hier. Außerdem haben wir mit Matthias Schmitz von K | Lens und Guilin Xu von Nanoscale Glasstec gesprochen.